Dienstag, 24. März 2015

Die Schlachten des Lebens

In der letzten Woche half ich für zwei Tage auf der geschützten Station unserer Klinik aus. Die Grippewelle machte auch bei uns einen mehr oder weniger langen Halt. Not am Mann. Somit war mein Einsatzort für zwei Spätschichten ein anderer.
Ich bin ehrlich und muss sagen, dass ich schon ein wenig aufgeregt war. So ohne Erfahrung zu Menschen, die manchmal gar nicht mehr wissen wo sie herkommen oder was sie mal getan und gesagt haben? Natürlich kam ich schon des Öfteren mit Menschen in Kontakt, die auf dieser Station aufgenommen werden mussten oder mir bei einem Gruppenspaziergang entgegen kamen. Aber so richtig mit ihnen arbeiten? Das war mir neu. Ich beschreibe das ganze so, als würde dort sonst wer herumlaufen...so ist es überhaupt nicht.
Ihr müsst es euch so vorstellen: Auf einer geschützten Station werden Patienten aufgenommen, die erst einmal als eigen-oder fremdgefährdet gelten. Das wird meist durch den behandelnden Arzt festgestellt oder auf einer unserer offenen Stationen, wenn die Patienten nicht mehr absprachefähig sind oder suizidale Gedanken hegen. Einfach gesagt, nimmt man sie auf der Akutstation auf, um sie vor sich selbst zu schützen.
Leider lassen sich nicht alle Patienten freiwillig aufnehmen. Dafür gibt es in Deutschland jedoch ein Gesetz, welches die behandelnden Ärzte dazu bevollmächtigt, psychisch kranke Personen gegen ihren Willen aufzunehmen. Dieses Gesetz heißt einfach Psychisch-Kranken-Gesetz, kurz PsychKG. Es dient den kranken Menschen zu ihrer eigenen Sicherheit und zu ihrem Schutz.
Es kann sein, dass es in diesem Prozess zu einer Fixierung kommen muss. Dann, wenn die Patienten nicht mehr absprachefähig sind, das Pflegepersonal angreifen oder mit Dingen drohen. Der Arzt entscheidet dann, wann die Fixierung wieder aufgehoben werden kann. Kann der Patient feste Zusagen machen? Ist er damit einverstanden seinen Genesungsprozess fortzusetzten? Kann der Patient an der Gemeinschaft auf der Station teilnehmen? Ist er einsichtig?
Für euch mag das alles wie im Horrorfilm klingen, aber oft lassen sich die Patienten auch freiwillig fixieren, weil sie einsehen, dass sie krank sind und verstehen, dass es nur zu ihrer eigenen Sicherheit ist.
Aber all das trägt dazu bei, dass die Patienten wieder ein Stück Normalität erfahren. Und in manchen Fällen ist es auch so, dass die sie ausblenden oder sogar vergessen, dass sie fixiert wurden. In unserem Gehirn gibt es da ein Areal, welches solche Erlebnisse verschließt und verarbeitet.
In meinem kurzweiligen Einsatz ist jedoch alles ruhig geblieben und die Patienten waren froh ein neues Gesicht zu sehen.
Ich habe die gleichen Aufgaben wie oben gemacht. Nur eben mit mehr Vorsicht. Es ist wichtig, dass man keine Porzellantassen stehen lässt oder Dinge, mit denen man sich leicht verletzten kann. So müssen bei der Aufnahme auch Taschenkontrollen durchgeführt und Handykabel eingesammelt werden. Es dient zur Sicherheit aller und vor allem der, der Patienten.
Ich war anfangs auch verwundert, aber es ist irgendwo auch logisch. Die Patienten kommen mit schwersten Erkrankungen, schlimmen Erfahrungen und Gedanken.
Viele von ihnen brauchen aber, wie die meisten, einfach nur ein offenes Ohr und wollen gehört werden. Egal, wie wahnhaft ihre Aussagen klingen oder was sie sich einbilden. Sie sind oft so darin verstrickt, dass es für sie total normal ist darüber zu reden. Man sollte sie als Pflegepersonal weder bestätigen noch - was schlimmer wäre - ihre Aussagen einfach abtun. Für die Patienten ist das die pure Realität. Wenn mir jemand sagt, dass es nicht gut ist, dass ich gerade mal eine andere Meinung habe, kann ich auch schnell wütend werden. Ich kann das dann aber gut akzeptieren. Akut wahnhafte Patienten jedoch weniger. Darum ist es immer gut einfach sachliche Fragen zu stellen. Sie fühlen sich ernst genommen und haben das Gefühl, dass sie nicht alleine sind. Viele werden schnell wieder gesund. Sie sind bereit den Kampf gegen ihre Krankheit anzugehen und lassen sich auf einer unserer offenen Stationen weiter therapieren. Dort sind sie eigenständiger und müssen mehr an sich arbeiten.
Es ist schön zu sehen, wenn sie dann nach langer Zeit, "gesund" entlassen werden können.

Das war's aber erst einmal von meiner Seite ! Habt ihr noch Fragen? Wollt ihr etwas wissen, was euch beschäftigt? :)
Lasst einen Kommentar da und ich versuche daraus ein Thema für meinen nächsten Post zu machen!


"Die Schlachten des Lebens gewinnen nicht immer die stärksten, schnellsten oder klügsten Leute. Aber früher oder später werden immer die gewinnen, die sich sicher sind, gewinnen zu können."
- Brian Tracy